Elektrizitätsversorgung des Ortes
Die Elektrizitätsversorgung des Ortes begann Anfang der 1920er Jahre. Beleg hierfür ist u.a. die Bauzeichnung der ersten Schaltstationen im Ort.
Eine weitere Schaltstation zur Erhöhung der Versorgungssicherheit und die Anschaltung des Ortes Berge,
wurde 1941 auf dem Gelände des Rittergutes errichtet.
Die Zeichnungen sind im unteren Teil dieses Artikels dargestellt.
Folgende kurze Einleitung stellt die Entwicklung der Stromerzeugung und Zuleitung in die ländlichen Regionen dar:
Die Entwicklung im ländlichen Raum war gegen Ende des 19. Jahrh. noch nicht so weit wie in Kassel. Keimzellen zukünftiger großräumiger Versorgungsnetze waren jedoch wie in Kassel die Mühlenbetriebe, die die Wasserkraft für die Erzeugung elektrischer Energie nach und nach einsetzten, jedoch nur geringe Leistungen zur Verfügung stellen konnten. Beispiele hierfür sind der Mühlenbesitzer Karl Neuendorf in Sontra und August Schween an der Diemel kurz vor der Einmündung in die Weser.
Als im Jahr 1891 anlässlich der „Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung zu Frankfurt am Main“ die erste Drehstromübertragung von Lauffen am Neckar nach Frankfurt am Main stattfand, war im Grundsatz die heutige Versorgungstechnik geboren. Im Jahr 1910 machte die Weserstrombauverwaltung des Preußischen Staates in einer Denkschrift den Vorschlag, die durch den geplanten Bau von Talsperren an Eder und Diemel verfügbar werdenden Wasserkräfte für die Allgemeinheit nutzbar zu machen. Unter Führung des Landkreises Kassel waren zuvor alle Möglichkeiten für eine Stromversorgung mehrerer Kreisgebiete im ehemaligen Kurhessen geprüft worden. Ein Vorarbeiten-Ausschuss verhandelte als Beauftragter der Landkreise Kassel, Fritzlar, Hofgeismar, Münden und Melsungen mit der Weserstrombauverwaltung über eine Stromversorgung der Kreise aus den geplanten staatlichen Kraftwerken.
Nach den Beschlüssen über den Kraftwerksbau durch den Preußischen Landtag und den Aufbau einer einheitlichen Stromversorgung in den Landkreisen entstand 1914 der „Zweckverband Überlandwerk Edertalsperre (ÜWED)“. Bereits 1915 konnte die Strombelieferung aus dem Kraftwerk Hemfurth am Edersee in bescheidenem Umfang aufgenommen werden. Nach dem Krieg wurde der Ausbau durch stark erhöhte Nachfrage nach elektrischem Strom erheblich beschleunigt, die Kreise Witzenhausen, Heiligenstadt und Ziegenhain schlossen sich dem „ÜWED“ an, der jetzt zwölf Landkreise in Nordhessen, Ostwestfalen und Südniedersachsen als Mitglieder umfasste.
Die Landgemeinden und auch die kleineren Städte, die typisch für den Regierungsbezirk Kassel sind, waren von vornherein nicht in der Lage, ihre Netze von entsprechend ausgebildeten Sachverständigen, also Ingenieuren und Elektrikern, betreuen zu lassen. Der ortsansässige Schlosser oder Dorfschmied war nur ein recht unzulänglicher Ersatz und die Gemeinden achteten vielfach mehr auf die Einnahmen für ihren Gemeindesäckel als auf den Ausbau und die Unterhaltung ihrer Netze. Dies und die Sorge vor dem weiteren Aufkauf lokaler Netze durch die junge PreußenElektra führten zur Gründung der „Elektrizitäts Aktiengesellschaft Mitteldeutschland (EAM)“. Der EAM gehörten mit ihrer Gründung die „ÜWED“, die Kreise Rotenburg, Hersfeld, Kirchhain, Marburg und Hanau mit ihren Kreisversorgungsanlagen, die Kreise Northeim und Einbeck als Gesellschafter der Überlandwerk Südhannover, die PreußenElektra unter Einbringung der von ihr erworbenen Anlagen im Kreis Frankenberg und ab 01.04.1930 die Stadt Göttingen mit dem Städtischen Elektrizitätswerk an.
Die Preisstellung für den gelieferten Strom war in den Anfängen der Stromversorgung kaum das Ergebnis einer nach kaufmännischen Grundsätzen aufgestellten Kalkulation, sondern aus Sicht des Abnehmers die Wertschätzung hierfür. Konkurrenten der elektrischen Beleuchtung waren damals die Petroleum- und die Gasbeleuchtung. Bei einem damals üblichen Strompreis von 50 Pfg. je kWh Lichtstrom war die elektrische Beleuchtung teurer. Vorteile waren jedoch die Einfachheit der Bedienung, ihre Anpassungsfähigkeit und Feuersicherheit, und somit Wegbereiter ihrer zunehmenden Verwendung.
Die Energieversorgung ist seit dem Jahr 2014 erstmals vollständig in kommunaler Hand und wird durch die EnergieNetz Mitte GmbH, eine 100prozentige Tochterfirma der EAM GmbH & Co KG, seit nunmehr über 85 Jahren mit einer hohen Versorgungssicherheit betrieben. Anteilseigner sind zwölf Landkreise aus Hessen, Südniedersachsen, Ostwestfalen und Westthüringen und die Stadt Göttingen, die zusammen über 64,7 Prozent der Anteile verfügen; außerdem 109 Städte und Gemeinden, die gemeinsam 35,3 Prozent der Anteile halten. Auch die Gemeinde Neu-Eichenberg mit ihren 5 Ortschaften (Berge, Eichenberg, Hebenshausen, Hermannrode und Marzhausen) ist Anteilseigner. Zu den Versorgungseinrichtungen der EnergieNetz Mitte GmbH gehören 70 Umspannwerke und rund 6.500 Schalt- und Ortsnetzstationen.
Die folgende Abbildung stellt das Versorgungsgebiet des Zwecksverbandes Überlandwerk Edertalsperre im Jahr 1926 dar:
Zeichnung zum Neubau der ersten Schaltstation Hebenshausen aus dem Jahr 1920
Die Bauzeichnung wurde erstellt vom „Kreisbauamt des Landkreises Göttingen“ im Jahr 1920.
Die Station wurde im Jahr 2012 abgebaut und die Anschlüsse in einer kleineren Station an einem anderen Standort hinzugefügt.
Zeichnung zum Umbau der Schaltstation Hebenshausen aus dem Jahr 1926
Die Bauzeichnung wurde erstellt vom „Zweckverband Überlandwerk Edertalsperre Cassel – Büro Göttingen“ im Jahr 1926.
Die Station wurde im Jahr 1926 im unteren Teil vergrößert.
Die Flurzeichnung zu der ersten Schaltstation
Die Abbildung unten zeigt die Standortzeichnung aus dem Jahr 1926. Die Straßenbezeichnungen waren damals dort noch nicht zu finden, aber die anderen Grundstücksbezeichnungen sind dadurch erhalten. Die heutigen Straßennamen die sich auf der Zeichnung kreuzen, sind „Meierhöfe“ und „Tonweg“.
Die Flurstückbezeichnungen Obstgarten Wendel (danach Eigentümer Leiter, heute Meyke) und Obstgarten Fischer (heute Franke).
Die erste Schaltstation in Hebenshausen
Das linke Foto zeigt die erste Schaltstation Hebenshausen im Jahr 2002, die in der Straße Tonweg errichtet wurde. Die Station wurde im Jahr 2012 abgebaut.
Der hohe Aufbau dieser Turmstationen („Dorfspargel“) ist dem damaligen Leitungsverlauf „Freileitung“ von Hausgiebel zu Hausgiebel angepasst. Eine Erdverkabelung war damals technisch noch nicht möglich.
Zeichnung zum Neubau einer zweiten Schaltstation Hebenshausen auf dem Gelände des Rittergutes aus dem Jahr 1941
Die Station wurde im Jahr 1941 errichtet. Die Zeichnung ist über die Jahre stark verblasst, aber es lassen sich die chrakterisitschen Baumerkmale, Sockel und das Dach, wiedererkennen.
Die Schaltstation Rittergut in Hebenshausen
Baubeschreibung aus dem Jahr 1941:
Das in der anliegenden Zeichnung dargestellte Schalt- und Transformatorenhaus, soll auf dem Grundstück des Rittergutes Hebenshausen, der Henschel’schen Familienverwaltung in Kassel gehörend, aufgeführt werden und zwar drängt die Ausführung jetzt.
Das Schalthaus soll Bruchsteinfundamente und einen niedrigen Bruchsteinsockel erhalten und sonst aus hartgebrannten Ziegelsteinen in verlängertem Zementmörtel aufgeführt werden.
Die Innenräume werden verputzt und geweißt, außen erhält das Haus einen Putz. Das Dach soll, je nach Vorhandensein des Materials, mit roten Ziegeln oder mit grauen Schiefer eingedeckt werden.
Die Lage des Gebäudes soll auf dem Grundstück des Rittergutes erfolgen, die nächste Straße, Reichsstraße, ist 210m von der Baustelle entfernt.
Andere Wege sind nicht in der Nähe.
Hebenshausen, den 22. Juli 1941
Ansicht der Schaltstation Rittergut aus Westen
(Aufnahme im Jahr 2015)
Ansicht der Schaltstation Rittergut aus Osten
(Aufnahme im Jahr 2015)
Autor:
Lars Klein
Quellen:
25 Jahre EAM, Jubiläumsschrift, 1929-1954
Zeichnungen Gemeindearchiv Neu-Eichenberg